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Okay. (die XXX-Version)

Traditionellerweise nutzt man ja runde Geburtstage sehr gerne zum großen Bogen spannen. Rückblick. Vorschau. Oder wenigstens Rechenschaft ablegen wie brav ich mich an die Tipps halte, die ich vor drei Jahren bekommen habe. Aber jetzt, wo ich hier schreibe, ist da nur großes Durchatmen. Beim Einatmen noch die Nervosität weil so gar nichts in trockenen Tüchern ist und mein Leben immer noch bemerkenswert unstet vor sich hin tuckert. Aber beim Ausatmen dafür Gelassenheit. Es ist wie es ist und es ist okay. Im Zweifelsfall kann ich es selbst ändern. Der berufliche Vagabunden-Lebenslauf - okay. Das private Eremitendasein mit der überdurchschnittlichen Heimatverbundenheit - okay. Ein sehr kleiner, über die Republik verteilter Freundeskreis und geringe Fähigkeiten zur Erhaltung von Freundschaften - nicht optimal, aber okay. Keinerlei Selfie-Skills - vollkommen okay. IMG_20150915_210811 Mein Verhältnis zum eigenen Spiegelbild wird langsam, ganz langsam besser. (Es ähnelt mit jedem Tag mehr meiner divenhaften Großmutter. Auch okay.) Alles zusammen führt auch dazu, dass es keine große Party gibt, sondern ein paar kleine, dafür gute Begegnungen. Die wimpernschlaglangen Sehnsuchts-Momente nach einer starken Schulter, dem Freundeskreis in Fanklubstärke oder einem generellen Dasein als Social Butterfly sind nicht länger Gründe mir einen Therapeuten zu suchen. Weil 30 werden bringt die Erkenntnis: Alle wollen manchmal was sie nicht haben. Hätte ich einen Ehemann, eine Eigentumswohnung oder eine eigene Firma würde ich mich nach meinen Slacker-Wochenenden mit Buch auf der Couch sehnen. Mein 15jähriges ich wäre so oder so beeindruck. Es hatte zwar nicht vor so alt zu werden, aber es fände die Übersichtlichkeit meines Lebens gut. Mit zu wenig Radius, um auf dem großen Radar aufzufallen - Social Media hin oder her. Unauffällig, aber nicht mundtot. Ich kann streiten, debattieren, austeilen und einstecken. Lang lebe das Internet. Twitter ist der Pausenhof voller Freaks den ich nie hatte und auf den ich um nichts in der Welt verzichten wollte. Mein Blogdingsi ist eine Sandbox zu der ich zurückkehren kann, wenn etwas raus muss. Ich meine, klar, der tickende Größenwahn im Stammhirn ist noch da und lässt mich Pläne machen. Nur das mit der Übernahme der Weltmacht hab ich gestrichen, es wäre arg viel Papierkram. Als Pendlerin, die die letzten Wochen fast jeden Tag mit dem konfrontiert wurde, was an den Bahnhöfen in München und Rosenheim passiert, wurde die Perspektive ohnehin nochmal zurecht geschüttelt. Mit großen Pfeilen, die mich darauf hinweisen, dass eine vorhandene Familie, ein Dach über dem Kopf und die Flasche Rotwein die neben mir steht, genug sind, um nicht ins Jammern zu verfallen. Und weil es auf nichts davon eine Garantie gibt und die Welt sich schneller und drastischer verändern kann, als es uns lieb ist, lerne ich gute Momente zu schätzen. Im Englischen gibt es die schöne Wendung "to be content", die auf deutsch wenig elegant mit "sich begnügen" übersetzt wird. Für mich ist es kein Begnügen, sondern ein Anerkennen. Gut, schlecht, okay oder kompliziert - ich erkenne es an und gehe weiter. Vielleicht schreibe ich in 10 Jahren wieder so einen Eintrag. Vielleicht habe ich dann einen Ehemann (unwahrscheinlich), eine Eigentumswohnung (in Südbayern nur nach Lottogewinn) oder eine eigene Firma (kann man Sarkasmus monetarisieren?) - und das ist dann auch okay.
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Und Bella, was hast du so die letzten Wochen gemacht? Nun, ich bin umgezogen. [gallery ids="4968,4972,4971,4970,4966,4965,4967,4964,4960,4961,4963,4962"] Das hat einen großen Teil des Augusts in Beschlag genommen. Man vergißt ja jedes mal wieder wie aufwendig das ist. Meine Bücher sind immer noch nicht da. Außerdem muss man die Zeit einplanen um in der Hotline von Internet-Anbietern rumzuhängen. (o2 war nicht mal schuld. Die Magenta-Jungs haben Späßle gmacht.) Es fehlen Vorhänge und Regale, die Lampe im Flur und nun, das übliche halt. Aber egal. Mein Nest in der Perle am Inn. Mit Innblick. Mit 2 Minuten Fußmarsch zum Besten Zwetschgendatschi den ich kenne. Nur eine Minute bis zum besten Kaffee des Landkreises. Was ich da alles noch für Instagram festhalten muss...! Sonst? Sprachlos gewesen. Immer wieder, immer noch. Erst jeden Abend, wenn ich in Rosenheim an der abgesperrten Treppe vorbei gegangen bin auf der die frisch angekommenen Menschen sitzen. Dann, bei den Fernsehbildern. Mittelmeer. Mazedonien. Am Ende Ungarn. Menschen auf Krücken, die sich zu Fuß auf den Weg nach Österreich machen. Man wischt sich die eigenen Tränen weg, überweist eine Spende und sortiert im Laufe des Umzugs Fahrräder, Bettzeug und andere Kleinigkeiten weg. Am Ende doch ein schlechtes Gewissen, weil man mehr tun müsste. Hier auf dem Land läuft die Organisation grade so straff, dass man mich vielleicht eventuell demnächst für Formulare und Behörden brauchen kann. (endlich zahlt sich meine Seltsamkeit aus!) Es helfen so viele. Die Bilder von den Bahnhöfen sind natürlich auf Aufflammen und diese Begeisterung wird nicht für immer halten, aber der Wille ist da. Man vergisst leicht, dass Deutschland mit solchen Dingen immer schon sehr pragmatisch umgegangen ist. Ob Naturkatastrophe oder Flüchtende - während die Politik noch debattiert, langen Menschen hin. Hinlangen ist ein gutes Stichwort. Das sollte nämlich unsere Regierung langsam mal bei den Nazis. Weil auf der Suche nach Festnahmen von Brandstiftern oder ähnlichen Vertretern der Spezies Homo Defektus findet man noch sehr wenig. Vielleicht tut uns auch ein bisschen Chaos ganz gut. Nur weil in Zentraleuropa durch manchmal mehr Glück als Verstand seit ein paar Jahrzehnten Frieden herrscht, heißt das nicht, dass es uns industrieverfettete Wohlstandsnation nicht auch irgendwann mal erwischen kann. Aktuell sind wir nur einen wütenden Russen von größerem Blödsinn entfernt. Ich zünde eine Kerze an, atme aus und bin dankbar. Dann bekomme ich eine SMS, weil die Feierlichkeiten zum 100. von Franz Josef GotthabihnSeelig den Verkehr zum Erliegen bringen. Gott mit dir du Land der Bayern. Wo ich beim Thema bin (Überleitungen sind hier ein neues Feature), es ist wieder Saison. Darum gibt's ab sofort wieder Beiträge in meinem eigenen kleinen Fremdscham-Projekt That's not how you Oktoberfest. Ist kein schöner Job, sich die Dirndl-Kollektionen von Claudia Effenberg und Stefanie Hertel anzusehen - but someone's gotta do it. )Wer mein Leiden lindern will oder mit mir gemeinsam meinen anstehenden Geburtstag ignoriert, findet im Menü den Link zum Wunschzettel.) Keine Sorge, demnächst wird bestimmt auch hier nochmal über strassbesetzte Carmenblusen zu Neon-Dirndln gerantet. I'm here to entertain.