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Poets and Boys in Berlin

Das Problem ist ja: normalerweise finde ich mein Leben viel zu langweilig zum täglichen Bloggen und dann passiert in ganz kurzer Zeit wahnsinnig viel und ich bin überfordert damit es auch nur zu strukturieren.

So I leap from the gallows, and I levitate down your street
Crash the party like a record scratch as I scream
"Who's afraid of little old me?"
You should be

(yup, it's those poets, buckle up. )

Versuchen wir es der Reihe nach. Vor fast schon wieder zwei Wochen machte ich mich auf den Weg nach Karlsruhe zur Hausmesse des Software-Herstellers für den ich arbeite, wo ich mich auch noch in der naiven Vorstellung es würde viele Kollegen treffen, zu einem Vortrag habe überreden lassen. Ohne jetzt zu sehr Tech-Bro zu klingen, aber natürlich ist das Thema quasi jeder derartigen Veranstaltungen aktuell "und was kann AI dann damit tun?", so auch hier. Ob Keynote oder Kundengespräch, die künstliche Intelligenz wird das Problem schon lösen, wir kümmern uns drum. Ich bin in die Berufstätigkeit kurz nach dem Platzen der ersten Dot-Com Blase eingestiegen und habe schon ein paar Hypes erlebt, ich rolle guten Gewissens mit den Augen, wenn die Blockchain es richten soll und verliere grundlegend den Respekt vor Leuten, die versuchen mir einzureden Krypto wäre die Zukunft - aber diese Welle ist anders. Es ist alles auf einmal aber eigentlich noch nicht, sondern das Versprechen davon, weil alles exponentiell ist und es ist beängstigend.

Selbst mein Vortrag ging in die Richtung, weil ich ein Modul vorgestellt habe, wo AI zur Unterstützung von Übersetzung genutzt wird. Ich habe mir große Mühe gegeben auf alle Aspekte auch kritisch und hinterfragend einzugehen. Auf die schwankende Qualität und den potenziellen Verlust von Übersetzungs-Memory, natürlich auch auf die Dinge, die eben nur geschulte Übersetzer oder native Speaker verstehen und vor allem, dass die Herangehensweise eine ist, wo der Mensch sich die AI zum Untertan, zur Assistenz macht und nicht umgekehrt. Es kam zu einer spannenden Diskussion und ich glaube auch darum zu gutem Feedback - aber eben auch direkt nach mir zur Vorstellung eines Tools, das aus einem einzigen Produktbild angeblich alle Daten korrekt ableiten (naja, aus dem Internet auslesen) kann und, wenn man es genug füttert, das zukünftig auch für Produkte können soll, die noch nirgendwo im Internet zu finden sind. Das funktioniert mit einem einmaligen Industrieprodukt natürlich hervorragend, aber im klassischen Konsumbereich ist es ziemlich sicher noch überfordert den Designer-Schuh vom Retail-Dupe zu unterscheiden. Der IQ der AI ist eben noch nicht überdurchschnittlich, sie hat nur mehr Prozessoren auf einmal im Einsatz.

Freitagnachmittag bei Graupelschauer, Wind und generellem Wintermantelwetter dann aber ab in den Zug Richtung Hauptstadt. Ach ja, mit den Tortured Poets auf den Ohren. Die fast 7 Stunden Fahrt waren dann grade so genug, um zweimal durch das Surprise-Doppelalbum zu kommen und emotional einmal durchgeschüttelt und noch nicht wieder korrekt zusammengebaut im auch noch kalten Berlin anzukommen. Aber hey, die Bahn hatte eine Bahncard 1. Klasse zum Testen spendiert, don't mind if I do.

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24 Letters – Brief 5

Was es mit den 24 Briefen auf sich hat, steht hier.

Postkartengrafik mit Text: "Ich sitze hier heute Abend und mein Kopf ist komplett leer, weil sich Arbeit und nicht beantwortete Nachrichten und Dinge, die ich erledigen will und Treffen, die ich vereinbaren möchte stapeln, aber, Dings, Kapitalismus. Darum machen wir es heute einfach. Zuerst - wie geht’s dir? Jetzt grade, so komplett.
Damit es nicht deprimierend wird: Wenn wir jemand einen großen, riesigen Batzen Geld geben würde und sagen, du kannst die Hälfte behalten, aber du musst mit der anderen Hälfte etwas Sinnvolles in Gang setzen - hast du spontan eine Idee, wo du ansetzen willst?"

Ah, wir sind dann wohl an der Stelle angekommen, wo ich anderen Fragen stelle, die ich ganz dringend mit mir selbst klären muss. Als ich die Frage formuliert habe, inmitten einer mindestens 50-Stunden-Arbeitswoche, umgeben von anderen unerledigten Kleinigkeiten und einer familiären Diskussion zur Aufteilung von Care-Arbeit und niedergedrückt vom schlechten Gewissen, wieder nicht auf Nachrichten reagiert zu haben, konnte ich vor Müdigkeit kaum noch gerade aus schauen und habe trotzdem leidlich geschlafen.

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24 Letter – Brief 4

Was es mit den 24 Briefen auf sich hat, steht hier.

Grafik einer altmodischen Postkarte mit Text:
"Mixtape-Zeit: 5 Songs, 5 kleine Geschichten. Nicht deine Lieblingslieder, nicht deine besten Konzerte. Was lief, als du so unfassbar betrunken warst? Oder was hast du angeworfen nach dem großen Streit mit deinen Eltern? Wie fängt deine Playlist an, um dich zum Putzen zu motivieren oder die Fahrt in den Urlaub zu begleiten? Was ist deine Einlaufmusik, wenn du in den Kampf ziehst? Erzähl. Und wehe, es ist nix Peinliches dabei. "

Barcelona - Freddie Mercury & Montserrat Caballé

Ich weiß nicht, ob es als "kleine Geschichte" durchgeht, aber es ist eine von diesen Erinnerungen. Es muss wohl 1992 gewesen sein, ich war also 6 Jahre alt, saß im Fernseh-"Kammerl" der Oma, mit Karamellbonbons, grade eben lief noch "Herzblatt" und dann, ich erinnere mich nicht mehr an den Kontext, das Video von der großen, imposanten Frau mit der Stimme aus einer anderen Welt und daneben der Mann, von dem mir meine Mama schon erzählt hatte. Es ist nicht wirklich eine Geschichte, aber eine von diesen Erinnerungen, als man bei einer Kunstrichtung einen neuen Level freigeschaltet hatte. Musik, das war bis dato halt, was aus dem Radio kam und manchmal so Opernkram, den Mama aufgedreht hat. Das hier, das war die Verbindung von ALLEM und es war groß, massiv, beeindruckend und ganz offensichtlich wichtig. Ich hatte noch nicht das Vokabular dafür, was eine Hymne ist, aber von da ab hing ich an der Nadel des Bombast. Ganz ehrlich, wenn einem der letzte nach oben wandernde Ton von Montserrat nicht durch Mark und Bein geht, are you even human?

https://www.youtube.com/watch?v=Y1fiOJDXA-E
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