Was gut war: KW 24, 2017

Kein Schienenersatzverkehr mehr! Dobby is a free, well, pendelnder Elf!
Grade rechtzeitig, um von den Sommerabenden noch ein bisschen mehr mitzunehmen.

Am Montag im leichten Dämmerschlaf und mit Puddingärmchen ins Büro. (Dämmerschlaf weil das Feuerwerk zum Abschluss des Frühlingsfestes mal wieder live vor meinem Balkon übertragen wurde – die Puddingärmchen, weil ich dachte, och, so ein bisschen See, den hat man gleich mal vermessen.)

So angenehm es ist, einfach mal so vor sich hin zu arbeiten – auf die Dauer bin ich das nicht. Da wird ich nur websig (das ist so eine süddeutsche Vokabel, oder?) und suche mir irgendeine Art von Projekt. Schlimm. In Bälde ist der Großteil meines Bereichs dokumentiert, sind Präsentationen präpariert und Prozesse neu modelliert – dann muss ich anfangen mir hier mehr Arbeit zu suchen. Herrje.

Bis um kurz vor neun Uhr morgens ist es ein normaler Dienstag. Dann twittert ein Kollege was von einem Polizeieinsatz in Unterföhring. Kurz darauf bleibt meine S-Bahn in Johanneskirchen stehen und es beginnt diese furchtbare Zeit in der man darauf wartet irgendwohin gebracht zu werden und diese Warterei dann mit Gerüchten und Geschnatter füllt.
Dabei auch bemerkt, dass ich langsam eine mediale Katastrophen-Routine entwickle. Die Timeline ist gottseidank diszipliniert und es kommt wenig Effektheischendes Gedöns — BREAKING — bei mir an. Stattdessen Accounts von „alten“ Medien und der Münchner Polizei. Dazu ein paar Tweets mit dem Unterföhring-Hahstag. Man merkt fast, wie viele Medienfuzzis hier arbeiten, es ging relativ gesittet zu.
Die Medienalle-Grüppchen ließen sich schon in Johanneskirchen gut identifizieren. (Klamotten, Vokabular, der Satz „wenn ich meinen Laptop hier hätte, würd ich einfach wieder nach Hause fahren.“) Ich hing mich an eine dran und landete dadurch in einem SEV-Taxi, da begann der Polizeieinsatz grade kleiner zu werden. Dadurch, dass mein Taxler dann zunächst noch die Ausfahrt nach Unterföhring verpasste, kam ich grade wieder im Medienghetto an, als die größte Hektik vorbei war.

Es blieb ein seltsamer Tag. Neue Meldungen zur Tat wanderten durch die Gänge, niemand hatte so recht seinen Rhythmus, alles war…aus dem Gleichgewicht geraten.
Ein Tag, der einen daran erinnert, dass man manchmal etwas riskieren sollte, und sei es nur um auf eine neue Weise zu scheitern. Gleich mal angeleiert. (Me and my big mouth, um passenderweise mal Oasis zu zitieren. Überhaupt, mal wieder Oasis hören, des sympathischen Größenwahnsinns wegen.)

Erst als ich abends (die S-Bahn Unterföhring blieb bis 17 Uhr gesperrt) die Bahn einfahren höre, schaue ich zum ersten Mal bewusst auf den Boden. Als würde man da noch etwas erkennen. Natürlich nicht. Ich steige in die Bahn ein und suche online, ob es etwas Neues von der jungen Polizistin gibt. Nein, sie kämpft immer noch.

Zuhause Rotwein und Wolkenstarren.

Noch am selben Abend beginnt auf Twitter ein kleiner Diskurs zum Thema „Schule war viel besser als Uni“, der sich in den nächsten Tag zieht und ich finde mich in vielem wieder. Klar, ich bin die Generation vor G8 aber nach Bologna-Reform. Bachelor war nicht als Spaß gedacht, sondern als straffes Lernprogramm mit Projekten, Präsentationen und ohne Rumbummeln oder gar überflüssigen Debatten zu grundsätzlichen Themen. Wenn selbst Personen, die lang vor mir studiert haben, ähnlich empfinden, frage ich mich, ob die deutsche Strebsamkeit und das Humboldtsche Bildungsdings eh nie so recht zusammengepasst haben. Außer für Germanisten und Theaterwissenschaftler.
Ich kenne sehr viele Menschen, die in den Vorlesungen am meisten Spaß hatten, die am wenigsten mit dem Kern ihres Studiums zu tun hatten. Vielleicht weil das die Gelegenheiten sind, bei denen wir uns geistig strecken müssen. Das ist es ja, was wirklich Spaß macht. Vielleicht bin ich darum auch manchmal so ungeduldig im Job und melde mich für irgendwelchen Blödsinn freiwillig.

Wie sich das wohl anfühlen würde, wenn man fände, man könnte jetzt genug. (Ha. Haha. Hahahahahah.)

Irgendwann im Laufe des Mittwochs gucke ich ins Block-Backend und sehe, ich wurde wohl verlinkt. Nämlich von Madame Read On My Dear, die Sie ja bestimmt schon alle lesen, nicht? Jetzt, wo dieses Blogding stramm auf sein 10järhiges zusteuert (und es ist die dritte Inkarnation der bloggenden Bella), und ich aktuell diese wöchentlichen weitschweifigen Ausschnitte ohne Kernthema poste, frage ich mich, ob das so irgendjemand lesen will. Weil die Krise hatten wir schon lang nicht mehr. Jedenfalls, hallo, falls Sie dadurch hier gelandet sind.

Den Donnerstag verbringe ich mit dem updaten diverser verwandtschaftlicher Technik, was dadurch besser wird, dass es zunächst Kuchen und sehr bald darauf Wein gibt. (Wer braucht DNA-Tests, wir haben alle dieselben Schwächen.) Am Ende des Tages finde ich mich beim Lieblingsitaliener wieder und fülle meinen Bauch glücklich mit handtellergroßen, spinat-ricotta-gefüllten Ravioli, noch etwas Wein und am Ende diese federleichte Mascarponecreme auf Erdbeeren, von der sie mir nicht verraten wollen, wie sie so fluffig wird.

Freitag musste ich zwar eigentlich meinen Rausch ausschlafen, wurde aber von einem Trompetenspieler via Bayernhymne geweckt und bewegte mich fortan, als wäre dies der David-Lynch-Film, für den ich mein Leben ohnehin oft halte.
Samstag unter durchgehendem Gejammer ein wenig Haushalt gemacht und Gedanken zu einer dummen Idee gesammelt. (Die vermehren sich bei mir wie sonst nur Staubflusen.)
Sonntag mit dem Ramosgroupie in meinem kleinen Dorf, das ich nicht ohne Grund Bavarian Stars Hollow nenne, über den Bennomarkt geschlendert. Sie kaufte für jemanden eins von diesen Spinner-Dingens und ich scheine ein Naturtalent für diese Teile zu besitzen – wieder eine Fähigkeit, die mir nix bringt. Ansonsten probierten wir uns durch Südtiroler Spezialitäten (drei Stände), Mittelmeer-Spezialitäten (vier Stände, soooo viele Oliven) und schließlich heimische Kirschen. Ich kam mit noch mehr Kirschen, Hummus, gefüllten Mini-Kürbissen sowie den obligatorischen Balsamico-Zwiebeln nach Hause und muss wohl die kommende Woche öfter Abendessen auf dem Balkon einplanen.

Während des erfolgreich rumgegammelten Wochenendes wurde ich ich allerdings erneut mit einer meiner größeren Schwächen oder besser Bildungslücken konfrontiert.
Ich und die soziale Interaktion im fließenden Übergang zwischen jemanden kennen und mit jemandem befreundet sein. So wie der Kollege neulich, dem ich zum Geburtstag die Hand geschüttelt habe, weil ich dachte für eine Umarmung wäre es zu früh – was eine andere Kollegin, noch kürzer da, nicht abhielt. Und es schien auch zu passen? Ich bin entsetzlich in sowas. Jahrelang kam ich komplett ohne irgendwelche Umarmungen aus, geriet dann aber im Studium an ein „Kuschel-Semester“, die sich quasi so verabschiedeten. Das war eine sehr konfuse Zeit für mich.
Heute kommt es hauptsächlich vor, dass ich Menschen aus einer Art inneren Überforderung zu sehr aufregenden Gelegenheiten umarme, oft auch eher unpassend. Ich will gar nicht wissen wie viele Menschen ich auf diese Art schon nachhaltig verstört habe.
Selbst wenn ich mit jemandem befreundet bin, also quasi offiziell, bin ich da vorsichtig. Nicht zuletzt gehe ich auch immer ein Stück weit davon aus, dass andere in Sachen persönlicher Raum ähnlich empfindsam sein könnten wie ich. (Da gibt mir der Triggerwarning-Safe-Space-Teil vom Internet übrigens recht. Worüber ich versuche nicht zu viel nachzudenken.)

Ich habe nichts gegen Umarmungen. Und natürlich ist Händeschütteln irgendwann nicht mehr genug. Aber genauso wie ich mich nicht traue einfach zu behaupten ich wäre mit jemandem befreundet, wenn die Person es nicht zuerst gesagt hat oder ich in der Kommunikation gern zwischen abgebrüht sarkastisch und geradezu sentimental schwanke, genauso kenne ich kein Mittelding in Sachen ‚physischer Ausdruck platonischer Zuneigung‘. Und diese ganzen Wischi-Waschi-Verbindungen aus dem Internet helfen da nicht wirklich.

Sollten Sie mir also dereinst über den Weg laufen und den Eindruck haben, meine Aufmerksamkeit wäre anderweitig beschäftigt, gehen Sie davon aus, dass ich panisch darüber nachdenke wie ich mich formvollendet aber eben nicht aufdringlich oder arrogant von Ihnen verabschiede, um den ersten Eindruck nicht gleich komplett in den Sand zu setzen – weil ich die Begrüßung vermutlich bereits versemmelt habe.

(Auch so ein Grund, warum das mit der Karriere schwierig wird. Dieses locker-charmante Networking am Rande der Business-Etikette – niemals.)

#introvertProblems #hauptsacheHashtag

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