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Evolution

Zwei Sachen passieren momentan auf ganz merkwürdige und überfällige Weise. Weil, ich kann heute sagen, dass ich schreiben kann. Irgendwie. Dass ich Worte auf eine Art aneinanderreihe, die beim Leser die Erhaltung seiner Aufmerksamkeit aber auch eine mehr oder weniger beabsichtigte Reaktion erreichen . Ich bin noch lange nicht so weit zu sagen mein Geschreibsel wäre wirklich toll, aber meinen momentanen Ansprüchen und diversen Ideen entspricht es durchaus. Es entwickelt sich. Ich habe erst jetzt begriffen wie viel Handwerk das alles auch ist und kann besser abschätzen, dass ich in meinen vielen Stunden, in abertausend geschriebenen Worten besser geworden bin. Dass dadurch noch Luft nach oben ist. Erreichbare Luft. Das ist die eine Sache. Und das hat schon viel Jahre gedauert und viele gute Worte gebraucht. Von Menschen die es mit Objektivität und Subjektivität und Lob und Konstruktivität versucht haben. Die also die Basis für meinen dieser Tage gestärkten Rücken sind. Ein Mosaik, das sich zu einem Rückgrat zusammen setzt und stützt, damit ich den Kopf anheben, Luft holen und selbstsicher über meine Fähigkeit reden, Entschuldigung, schreiben kann. Noch absonderlicher ist die andere Sache. Das mit den Menschen. Von denen ich momentan viele neue kennen lerne oder zumindest zum ersten Mal *so in echt* treffe. Wenn diese mir dann versichern, dass es sie gefreut hat, dass sie sich gern mit mir unterhalten haben zum Beispiel, dann fange ich an das zu glauben. Ohne Hintergedanken und Ressentiments. Fast ohne Misstrauen und Selbstzweifel. Dazu muss man kurz erklären, dass ich Menschen gar nicht für so böse und hintertückisch halte. (Naja, manche schon.) Aber weil ich mir schön absurd etwas über meine nicht vorhandene Liebens- und Mögenswertigkeit zusammen rationalisiert habe, stand ich Menschen die mich angeblich mochten zumindest skeptisch gegenüber. (Ich weiß wie rasend unattraktiv und merkwürdig dieser Art Neurosen sind, aber sollte jetzt noch jemand mitlesen: Neurosen sind das Papier auf dem Blogger schreiben.) Natürlich, dafür gibt es immer noch die Tage an denen genau das Gegenteil der Fall ist und ich mich unerträglich und nicht liebenswert finde, aber, dass die guten Tage überhaupt passieren und tendenziell mehr werden ist eine kleine, innere Sensation. Die schlechten Tage verbringe ich mittlerweile eher damit zu mich selbst doof zu finden, weil ich noch nicht vollkommen aus meinem alten Muster kann und darum Gelegenheiten für Interaktionen mit anderen Menschen auch mal aktiv vorbei ziehen lasse. Damit entgehen mir potentielle Abenteuer und ergo auch guter Stoff zum drüber schreiben (Ja, natürlich ist das für mich eine Motivation, was haben sie den bitte gedacht? Jetzt tun sie nicht beleidigt, genau deswegen sind sie doch hier!) Ich mag gerade gar nicht so stark hinterfragen warum das so ist, warum mir mehr einfällt als sonst und ich eher das Gefühl habe das alles irgendwie und notfalls mit Gewalt hinzukriegen. Weil mit der ewigen Rumfragerei geht der Schmarrn ja immer los. Wobei,eine Sache muss ich doch hinterfragen. Weil, geneigter, geliebter Leser, was bis gerade eben ein hoffentlich kurzweiliger Ausflug in mein aktuelles Innenleben war, macht jetzt noch einen Schlenker. Denn je nach Phase, schreibe und twittere ich auch entsprechend. Betrunkene Emo-Tweets und hysterisches Rumfuchtelgekreische bei zu den jeweiligen Anlässen. Das tue ich ohne wirkliche Strategie dahinter. Nur manchmal habe ich den Eindruck, dass ich damit etwas falsch mache. Ich sehe auf Twitter, Instagram und wie die Netzwerke so heißen eine beachtliche Anzahl sehr junger Menschen die mit scheinbarer Leichtigkeit ihre digitale Persönlichkeit in eine Marke mit klar abgegrenzten Eigenschaften verwandeln. Selbst Äußerungen oder Bilder außerhalb dieses Brandings wirken dann ein wenig kalkuliert. Sie versammeln in Deutschland einige Tausend Follower, international schon mal einige zehntausend Fans hinter sich. Modebloggerinnen und Vlogger stecken da auch mit drin. Womöglich bin ich altmodisch (ach, das bin ich ganz sicher), aber dieses abgebrühte Nutzen der neuen Medien macht mir manchmal mehr Angst als alle pubertären Peinlichkeiten auf Youtube zusammen. Wäre ich heute 16, 18 oder erst 20 und hätte all diese Netzwerke, diese vielen Plattformen, ich wäre ein hervorragendes Emo-Kid. Nietzsche-Zitate und Tumblr-Bilder deren suizidale Stimmung das Gegenteil von subtil wäre. Meine Kurzgeschichten würden statt auf verblassenden Geocities-Seiten womöglich mit zählbarer Leserschaft irgendwo anders stehen. Und ich weiß nicht, ob mein inneres Gesunden überhaupt noch im Sinne meiner potentiell beliebten Online-Persona wäre. Ja, ich weiß. Auch Facebook und Tumblr könnten jederzeit ersetzt werden. Könnten verblassen und für die jetzige Teenager-Generation eine peinliche Erinnerung bleiben. Aber ganz so einfach wird es nicht, glaube ich. Ihre Fußabdrücke sind schon nach kurzer Zeit stärker als alles was wir in den Kindergartentagen des Internets veröffentlicht haben. Es ist googlebar und sie verknüpfen oft ganz bewusst Ideen mit Ihrem Namen. Manchmal denke ich, das die Gier nach Daten für mich persönlich kein riesiges Problem darstellt. Aber heute digital heran zu wachsen, den Charakter für jedermann ersichtlich im Internet auszubilden, finde ich beängstigend. Und während das Internet anno 1999 heute zumindest in gewissen Bereichen an Alzheimer leidet (Gott.Sei.Dank.), besteht die Gefahr, dass das Internet 2013 auch 2023 noch fit im Festplattenspeicher ist. Das Netz frei und demokratisch zu halten ist dann mehr als ein politisches, liberales Ansinnen. Es ist vielleicht die einzige Möglichkeit Raum zwischen Menschen und Marketing zu bringen. Weil wir nicht nur Kunden sind, sondern auch Botschafter. Und wenn der Wert des Menschen im digitalen Zeitalter sein guter Name, seine Marke ist, dann brauchen zukünftige Generationen (Start-ups, wenn man so will) die Freiheit verschiedene Labels und Strategien auszuprobieren. Schon heute wird die Vergangenheit von Politikern penibel beleuchtet. Wenn wir alle Twittern und unsere Status-Nachrichten für immer erhalten bleiben - wer soll uns dann mal regieren? Denn Oppositionen werden auch noch so klug formulierte Meinungen instrumentalisieren. Auch so ein Grund, warum mir das mit dem politischen Engagement so schwer fällt. Ich reiße zu gern die Klappe auf. Wobei, vielleicht zettelt dann endlich jemand die Revolution an. Oder Bundeskanzlerin wird, wer die meisten Follower&Fans&Likes hat. Gruselig. Gut, ich schweife wieder in düstere Gefilde ab. Es wird wirklich Zeit für den Frühling.